Neuigkeiten und Rechtsprechungen

01. Juli 2022

Auswirkungen der bevorstehenden Änderung des Nachweisgesetzes

Anlässlich der Arbeitsbedingungenrichtlinie der EU (RL 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der EU im Bereich des Zivilrechts) dürfen wir Ihnen im Folgenden einige Informationen an die Hand geben:

Um was geht es?
Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie, die bis zum 31.07.2022 in nationales Recht umgesetzt werden muss, ist eine europarechtliche Vorgabe, die das Ziel verfolgt, die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer u. a. auch dadurch zu verbessern, dass eine transparente und vorhersehbarere Beschäftigung gefördert wird. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht die Richtlinie vor allem die Erweiterung der Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung über die wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses vor. Im Mittelpunkt der Reform stehen demnach die Pflichtangaben in Arbeitsverträgen. Die Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtlinie erfolgt im Wesentlichen durch Änderungen im Nachweisgesetz. Dort sind die Mindestanforderungen an den schriftlichen Nachweis der wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen geregelt.

Welche Angaben müssen Arbeitsverträge künftig zusätzlich enthalten?
Aufgrund der beabsichtigten Änderung des Nachweisgesetzes müssen ab 01.08.2022 in allen Arbeitsverhältnissen zusätzlich die folgenden Arbeits-bedingungen schriftlich niedergelegt werden:

•    Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts. Das beinhaltet auch die Vergütung von Überstunden, von Zuschlägen, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, sowie deren Fälligkeit und die Art der Auszahlung. 
•    Die vereinbarte Arbeitszeit wie auch vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen.
•    Die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden, sofern eine solche vereinbart ist, sowie deren Voraussetzungen.
•    Die Dauer der Probezeit, sofern eine solche vereinbart ist. (Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis muss diese zudem zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit in einem angemessenen Verhältnis stehen. Dies soll durch eine entsprechende Änderung in § 15 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes geregelt werden. Wann eine solche Verhältnismäßigkeit angenommen wird, bleibt dabei offen. Dies bedeutet für den Rechtsanwender erhebliche Unsicherheit, die erst durch die künftige Rechtsprechung beseitigt werden wird.)
•    Vereinbarungen zum Arbeitsort und ob dieser frei wählbar ist.
•    Regelungen zur Abrufarbeit, sofern eine solche vereinbart ist. Dabei geht es um die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden, um die Festlegung eines zeitlichen Korridors der Leistungserbringung sowie der Ankündigungsfrist des Arbeitgebers zur Mitteilung der Lage der Arbeitszeit.
•    Das Verfahren, das bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses einzuhalten ist. Dazu gehören mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer.
•    Regelungen zum Anspruch auf Fortbildungen, sofern ein solcher besteht.
•    Mindestanforderungen an den Nachweis der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung.
•    Ein allgemein gehaltener Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen paritätisch besetzter Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber festlegen. 
•    Weitere Hinweispflichten im Falle einer Auslandstätigkeit. Hier sind betroffenen Mitarbeitern zusätzliche Angaben schriftlich auszuhändigen, wenn der Auslandsaufenthalt länger als vier aufeinanderfolgende Wochen andauert.

Geänderte Fristen zur schriftlichen Niederlegung
Auch die vorgeschriebenen Fristen für den schriftlichen Nachweis der Arbeitsbedingungen ändern sich grundlegend. Regelte das Nachweisgesetz bislang eine einheitliche Frist von einem Monat, sieht die geplanten Gesetzesänderung nun vor, dass je nach inhaltlicher Regelung verschieden lange Fristen gelten. Abhängig von der betreffenden Arbeitsbedingung reichen diese vom ersten Arbeitstag (zB Entgelt) über sieben Kalendertage (zB Probezeit) bis hin zu einem Monat (zB Arbeitsort) nach dem vereinbarten Arbeitsbeginn. Eine Differenzierung des Nachweises je nach inhaltlicher Regelung ist wenig praktikabel, weswegen sinnvollerweise sämtliche Arbeitsbedingungen am ersten Tage schriftlich nachgewiesen bzw. als Arbeitsvertrag schriftlich vereinbart werden sollten. Den Bestandsarbeitnehmer räumt das geänderte Nachweisgesetz einen entsprechenden Auskunftsanspruch ein, der binnen kurzer Fristen (abhängig von der inhaltlichen Regelung sieben Kalendertage oder ein Monat ab Auskunftsersuchen) beantwortet werden muss. 

Weitere Neuerung: Bußgeldvorschrift!
Darüber hinaus wird mit dem novellierten Nachweisgesetz Arbeitgebern, die den dort geregelten Nachweispflichten nicht nachkommen, erstmals ein Bußgeld angedroht. Bis zu einer Höhe von 2.000 Euro (!) können künftig Bußgelder verhängt werden, wenn Arbeitgeber den Pflichten nicht nachkommen. Die Nichterfüllung der Nachweispflicht stellt künftig eine Ordnungswidrigkeit dar.

Was müssen Arbeitgeber jetzt tun?
Um den geänderten Nachweispflichten in der Praxis nachzukommen, sollten die Arbeitsvertragsmuster geprüft und überarbeitet werden. Die geforderten Nachweise sollten vollständig in die Arbeitsvertragsmuster eingearbeitet werden, um so sicherzustellen, dass alle Vertragsbedingungen im Idealfall bereits bei Arbeitsaufnahme und spätestens dann erfolgter Unterzeichnung schriftlich nachgewiesen bzw. vereinbart sind sind. 
Bei Bestandsarbeitsverhältnissen ist den Mitarbeiter fristgerecht eine unterzeichnete Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen auszuhändigen, sofern sie dies verlangen. Um im Falle einer Vielzahl von Auskunftsersuchen fristgerecht antworten zu können, empfiehlt es sich, hierfür ein entsprechendes Muster-Antwortschreiben vorzubereiten. Ohnehin scheint es auch hier sinnvoll, die entsprechenden Altverträge möglichst zeitnah an die geänderten Nachweispflichten anzupassen und bei dieser Gelegenheit auch sonst auf den aktuellen Stand zu bringen.

Wir helfen Ihnen gerne!
Die geplanten Gesetzesänderungen sind also mit einem gewissen organisatorischen Aufwand verbunden. Sehr gerne werden wir Sie bei der praktischen Umsetzung o.g. Änderungen durch Anpassung Ihrer Vertragsmuster oder Erstellung von Muster-Informationsschreiben unterstützen.


 

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